Ihr macht mir Mut. Es tut gut, dass Ihr hier seid.

Aufeinander achten!

„Ich bin in der 12. Klasse kurz vor dem Abitur. März 1953. Josef Stalin hat glücklicherweise den Löffel abgegeben. Auf dem Portal vor dem Anhaltinischen Theater hat man auf Anweisung der SED-Parteiführung einen Sarg aufgestellt, bedeckt mit dem Banner der großen ruhmreichen Sowjetunion. Alle Schüler der Stadt müssen an diesem Sarg vorbeidefilieren und als Zeichen der letzten Ehrerbietung die Mütze ziehen. Nicht nur mir ist klar, dass die Holzkiste leer ist. Scherzend sage ich zu dem neben mir defilierenden Mitschüler: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es der letzte Wunsch des großen Vaters aller Werktätigen gewesen ist, zum Abschluss noch mal ein bisschen in Dessau vorm Theater rumzuliegen… Er konnte sich doch ausrechnen, dass man ihn in dem Zustand sowieso nicht mehr auf die Bühne lässt!“ Fazit: Der 17-jährige Dieter behält die Mütze auf. Ein Lehrer bedeutet mir in Kurzform: „Entblößter Kopf beim Passieren des Sarges gleich Abitur. Bedeckter Kopf beim Passieren ebendieses Sarges gleich mangelhaftes Klassenbewusstsein, gleich Abitur ade! Ich behalte die dämliche Mütze auf meinem Dickschädel. Und schulde im Nachhinein einem Mitschüler Dank dafür, dass er mir die Mütze vom Kopf haut. Meine stolze Mütze segelt vor einem leeren Sarg durch die Luft – und verschafft mir die Grundvoraussetzung fürs Studium.“

(Dieter Hallervorden aus „Wer immer schmunzelnd sich bemüht“)